Story of my life #20

Manche schönen Erinnerungen sind leider verknüpft mit völlig uncooler Musik….

Die letzten Sommerferien der Schulzeit im Sommer 1994 wurden von neun Pianern gemeinsam verbracht. Bernd, Olli und Johannes waren schon 1991 schon zusammen in Frankreich, und zwar in der Partnerstadt Osterwicks (Entrammes?) und erlebten dort erste Exzesse. Ich wollte damals mitfahren, durfte aber nicht, da ich noch keine 16 war. Ohne Aufsicht war das meinen Eltern zu heikel. Damals war das für mich eine mittlere Katastrophe, heute, mit eigenen Kindern, ändert sich die Sichtweise auf die Situation erheblich ? . So fuhr ich in das ebenfalls legendäre Ferienlager nach Italien. Die Radtour durch die Toskana hat mich ganz adäquat entschädigt.

Im Sommer 1994 waren alle 18 und so stand einer elternbefreiten Tour nichts im Wege. Der frankophilste und gleichzeitig auch frankophonste unter uns war Bernd, der alsbald mit dem Vorschlag kam, nach Frankreich an die Atlantikküste zu fahren und in Mimizan Plage zu zelten. Warum nicht? Super Plan! Schnell fanden sich neben mir 7 weitere (Johannes, Thorsten, Markus, Andreas, Hendrik, Jürgen und Jan Söhnke) die mitreisen wollten. Keiner von uns besaß ein Auto. Also wurde der kühne Plan geschmiedet, mit dem Zug nach Paris und von da weiter nach Bordeaux und dann bis Labouheyre zu fahren. Dort angekommen mussten nur noch 35 km bis zum Meer überbrückt werden. Da man ja vor Ort etwas mobil sein wollte, bot sich die Mitnahme von Fahrrädern an. Wobei mitnehmen vorausschicken hieß. Gesagt getan! Ende Juni wurden die Fahrräder eingepackt und alle zusammen per Bahn nach Südfrankreich verschickt.

Allein die Tour nach Südfrankreich im Zug war schon ein Highlight. Paris als Zwischenziel ist bei Bahnreisen durch Frankreich gesetzt. Man kommt aus Deutschland in Paris am Gare du Nord an und fährt nach Bordeaux vom Gare Montparnasse weiter. Dazwischen liegt das bekannte Zentrum. Jung und mutig wie wir waren, war eine Nacht Aufenthalt in Paris eingeplant, wo man doch schon mal da ist. Eine Unterkunft buchten wir keine. Dafür waren, um die Nacht durchzustehen, die Rucksäcke voll mit dem damals neu aus Österreich importierten Getränk, das Flügel verleihen soll.

Begleitet wurde unsere Truppe von einer Gruppe Coesfelderinnen, die einen ähnlichen Plan gefasst hatten, nur das ihr Ziel Vieux-Boucau-les-Bains (?) war, ohne den Fahrradteil. So enterten wir dann Anfang Juli berucksackt und kurz behost die Stadt der Liebe und schleppten uns durch die ziemlich sommerheiße Cité. Vorbei an all den Sehenswürdigkeiten und onanierenden Clochards (bunte Fische, bunte Fische, bunte Fische…) landeten wir irgendwann im Dunkeln auf den Marsfeldern am Fuße des Eiffelturms. Hier schlugen wir ein Lager auf, dass genau so lange gemütlich war, bis in den frühen Morgenstunden die im Rasen integrierten Sprinkler loslegten und uns eine Gratisdusche bescherten. Egal! Also weiter zum Bahnhof, Croissant und Kaffee einverleibt und den Anschluss Zug gesucht. Zwei Dinge kann man über Frankreichs Bahn sagen. Sie ist schnell und sie ist unbequem. So blieb mir auf jeden Fall der Trip mit dem TGV von Paris nach Bordeaux in Erinnerung. Hier musste dann erneut umgestiegen werden in eine Bummelbahn, die Richtung Süden zum Ankunftsbahnhof schneckte.

Im Kaff Labouheyre erwarteten uns dann sieben von neun Fahrrädern. Hier machte ich meinem Sommerhit alle Ehre: „I’m a Loser, baby!“! „Loser“ von Beck konnte ich gar nicht laut genug schreien, denn mein Fahrrad fehlte. Wie sich herausstellte war das aber kein Beinbruch; denn Bernd, dessen Rad ebenfalls fehlte, und ich fuhren mit dem Taxi, dass die Gemeinschaft zahlte, vor und machten den reservierten Platz auf dem Campingplatz „Municipal“ klar. Wie gesagt, Labouheyre liegt 35 km von Mimizan Plage entfernt. Die Strecke auf einem Fahrrad mit 20 kg Gepäck im Rucksack zurückzulegen blieb uns somit erspart. Auf der Rückfahrt war mein Fahrrad dann in Labouheyre da; ich durfte es ohne es wieder Verpacken zu müssen direkt heimschicken.

Der kleine Kassettenrekorder für die Spassbeschallung des Urlaubs konnte während des Wartens auf den Rest der Truppe schon mal den Sommersampler, den ich zusammengestellt hatte, abspielen und der war so belanglos, dass mir davon heute fast kein Song mehr einfällt. Der Musikgeschmack einiger Mitstreiter war zu dieser Zeit rückblickend eine Katastrophe. Vor dem Levellerskonzert im Batschkapp in diesem November haben wir über die größten Nervsongs gefachsimpelt. Von den im Sommer 1994 populären Liedern waren viele auf dieser Liste:

  • “All I Wanna Do” – Sheryl Crow
  • “Runaway Train” – Soul Asylum
  • “Two Princes” – Spin Doctors
  • “What’s Up?” – 4 Non Blondes
  • “Cats in the Cradle” – Ugly Kid Joe
  • “Mister Jones” – Counting Crows

Das absolute Grauen! Mir wird ganz schwummerig ….. Mein Urlaubssampler enthielt auch die eine oder andere Gurke, aber immerhin fanden

  • The Offspring – „Self Esteem“
  • The Cranberries – „Zombie“
  • Smashing Pumpkins – „Disarm“
  • Beck – “Loser”
  • The Breeders – “Cannonball”
  • Belly – “Feed The Tree”

ihren Weg auf den Sampler.

Auf jeden Fall aber erlebten wir einen grandiosen Urlaub voller Dönekes. Ob es das unschlagbare Roulette System war, dass Bernd im örtlichen Minicasino ausprobierte, der Rauswurf der Nachbarn vom Campingplatz, die wegen einer gemeinsamen Feier mit uns die Lautstärke weit übertrieben, das Singen der Marseillaise in Dauerschleife durch Hendrik, dem Jürgen in eben jener Nacht auf den Schlafsack gebrochen hatte (Tequilla Paff sei Dank), die Radtour nach Vieux-Boucau zur Freundin von Jürgen und die dort durchgefrohrene Nacht, zugedeckt mit einem gemopsten Handtuch im Eingang eines Waschhauses des Campingplatzes, weil man den Schlafsack nicht mitgenommen hatte etc., etc….. 14 unbeschwerte Tage voller Sonne, Spass und Strand, ernährt durch Saupiquet Thunfischsalate aus der Dose, Stangenbrot, Yop und 24er Pappträgern Kronenburg.

Der Song des Urlaubs für mich, den vielen hassen, und der nach Meinung von Mike und Tobias auf die Liste des Graues gehört, ist von den Crash Test Dummies. Ich mag „Mmm mmm mmm mmm“ auch heute noch und das Album dazu ebenfalls. Wenn es heute läuft habe ich ich immernoch den Duft vom Pinienwald in der Nase und das Zirpen der Zikaden in den Ohren!

Crash Test Dummies – Mmm Mmm Mmm Mmm