Story of my life #19

Elektronische Musik war im Lauf der Zeit immer mal wieder Thema. Angefangen vom großartigen „Oxygene“ von Jean Michel Jarre, dass den meisten durch die Verwendung als Untermalung von Wissenschaftssendungen bekannt sein sollte, über The Art Of Noise oder die „Tobular Bells“ von Mike Oldfield fanden immer wieder synthetische Klänge den Weg in mein Ohr. Jan Hammer’s „Crocket’s Theme“ nicht zu vergessen! Auch Computerspielmusik, aufgenommen mit dem Kassettenrekorder mit dem Mikrophon vom Lautsprecher des Fernsehers (sic!), gab es in sensationeller Güte. Die Titelmelodien von „Katakis“, „Skate Or Die“ oder „The Last Ninja“ bleiben für immer im Gedächtnis. Anfang der 90er gab es dann auch eine kurze Zeit, in der Sampler mit bekannten elektronischen Songs zu den „Synthesizer Greatest“ gekührt wurden.

Während dann in den Charts der Euro Dance regierte, poppten hin und wieder auch richtiger Techno durch. Die Welle erfasste gerade ganz Deutschland und Marusha, Westbam und andere landeten in den Charts. Sowohl ich als auch mein Tanzbein konnten dem ganzen Gezappel eine gewisse Attraktivität nicht absprechen. Stefan, der Chefverkäufer aus Billerbeck des osterwicker SB Steiner, hatte keinen Führerschein, dafür aber einen Bruder, der das KFZ ihres Vaters bewegen durfte und deshalb regelmäßig als Chauffeur herhalten musste. Dessen Opel Vectra hatte zwar nur das Standardradio verbaut, aber das hinderte ihn nicht daran „Vollgastechno“ in ohrenbetäubender Lautstärke zu hören. Auch wenn das irgendwie „vollasi“ war, die Musik gefiel.

Tobias mochte die „Bumm Bumm Lala“ ebenfalls. Er war vor allem von Steve Mason, einem DJ der über BFBS seine Sets Samstag nachts veröffentlichte, angetan. Auch auf der ersten (?) House Of Creation Techno Party (Rave) in der Fabrik sollten wohl einige Szenegrößen auflegen und ohne genau zu wissen, was mich erwartete, verabredeten wir uns, dort hin zu gehen. Vorher stand noch das Schulfest auf dem Programm, wo unsere Stufe recht erfolgreich Pommes verkaufte. Zum Ende des Festes gab es einen ordentlichen Regenguss, den anwesende hippieske Damen nutzten, „The Age of Aquarius“ herbeizutanzen. Ein Wet-T-Shirt Kontest ohne Gewinner! Die Party in der Fabrik dann war ein Erlebnis, dass, obwohl ich den ganzen Abend tanzte und die Musik ordentlich Endorphine freisetzte, für mich einzigartig bleiben sollte. Irgendwie erreichte mich der Reiz solcher Veranstaltungen nicht wirklich. Vielleicht war es auch die von mir empfundene Oberflächlichkeit des Ganzen. Am besten wurde dies abgebildet durch die jüngere Schwester eines Coesfelders, die, angestachelt durch lustige Partybeschleuniger in Pillenform, alles für einen guten Freund hielt, was mal angetanzt wurde. Das war nicht meins. Auf dem Walkman durften die „Rave Base Phase I“, „Intelligent Communication“ und „In Order to Dance“ von Christian (nein Bruderherz, dazu kann man nicht tanzen ? ) aber wiederkehrend ihre Runden drehen.

Einer Combo jedoch bleibe ich seit damals treu. Eigentlich sind „The Prodigy“ kein Techno, sondern Break Beat, aber eben auch tanzbare elektronische Musik mit einer ordentlichen Punkattitüde. Ralf und ich feierten damals die „The Prodigy Experience“ ordentlich ab; am intensivsten auf den Fahrten zum „Zerbrochenen Krug“ im Bochumer Theater und „Don Giovanni“ im gelsenkirchener Theater. Die kulturell interessierten Pianer der Jahrgangstufe 12 (hüstl) 1994 besuchten damals gern die Festspielhäuser der Umgebung. Vor einer der beiden Aufführungen stärkten Ralf und ich uns im coesfelder weltklasse Döner-Laden mit eben einem solchen und einer kleinen Flasche Yeni Raki von dort. Leicht angetüdelt reichte uns während des Theaters auch noch ein uns Fremder, ebenfalls am Geschehen nicht sonderlich Interessierter, eine Dose „Apricot Snuff“ Schnupftabak und vor lauter Lachen über den folgenden Durchzug im Hirn und die absurde Situation als solche, war es besser für uns, den Saal zu verlassen. Wir schaukelten dann fröhlich zum nächsten Imbiss, wo die nächste „Stärkung“ auf uns wartete und bekamen die Zeit bis zum Ende des Theaters prima rum. Wir lauerten schlussendlich dem Rest der Stufe auf, um uns unbemerkt wieder in die Gruppe zu mogeln. Was waren wir verwegen….

Jan Marco, selbst ein Fan von „The Prodigy“ trotz Burzum T-Shirt (darf man dann eigentlich noch Zahnarzt werden???), stellte mir  einen seiner makellosen Sampler aus allen veröffentlichten Maxis von „Out Of Space“ und „Wind It Up“ zusammen, der heute leider unauffindbar ist. Wenn ich damals die Jungs um Liam Howlett während meiner Spaziergänge am Wochenende auf den Ohren hatte, konnte man mich schon um 19 Uhr tanzen sehen. Auch an der Tramperstelle in Billerbeck lieferte ich so wohl unfreiwillig hin und wieder eine kurze Show, wenn ich mich mal wieder der „Weather Experience“ hingab.

The Prodigy – Weather Experience Remix