Story of my life #24

Bruderherz again….

Vinyl ist ja derzeit wieder im Mainstream angekommen und feiert dank unterschiedlichster Beweggründe eine Renaissance, die ihr 1998 wohl niemand zugetraut hätte. Mir als Musikfreund ist aus Bequemlichkeit die digitale Darreichungsform lieber. Außerdem, und das soll nur am Rande erwähnt werden, bietet meiner nicht maßgebenden Meinung nach Vinyl keinerlei klangliche Vorteile, es sei denn das ins Schellack geschnitzte liegt digital nur in zu Tode komprimierter Form vor (wie fast alles populäre heutzutage). Einen unermesslichen Vorteil haben Schallplatten jedoch: Die Größe des Covers! In CDs sind ja schon nur kaum erkennbare Artworks vorhanden, aber auf Schallplattengröße ergeben sich sensationelle Kunstwerke oder Aufmerksamkeit erregende Konzepte.

Jeder kennt die Plattencover von Storm Thorgersons Studio Hipgnosis (Pink Floyd), Hugh Syme (Rush) oder Roger Dean (Yes) und wer gerne Metal hört ist auch schon mal über Derek Riggs (Iron Maiden), Ed Repka (Death), Travis Smith (Opeth), Dan Seagrave (Sepultura) und Doug Johnson (Judas Priest) gestolpert. Ein Plattencover, dass mir aufgefallen ist, ist jedoch eigentlich gar kein sooo großes Kunstwerk. Dafür aber recht makaber und dieser Eindruck ist deutlicher, je größer das Bild ist. Ein Mädchen spielt Crockett mit dem abgeschlagenen Kopf ihres Bruders auf einem unendlich erscheinenden englischen Rasen. Genesis „Nursery Cryme“ befand sich in der Sammlung meines Bruders und neben dem Cover entdeckte ich mit den alten Genesis eine neue Liebe für progressive Musik.

Man muss sich das mal vorstellen. Es gab Zeiten, da füllte ein Lied eine ganze Schallplattenseite und Musik hatte laute und leise Passagen, ein Stilmittel das als Dynamik bezeichnet wird und weitestgehend in Vergessenheit geraten ist. Mich beschäftigte diese Art der Musik von da an. Auch, weil Sebastian mir als Schlagzeuger das mitzählen der Takte beibrachte, was bis heute dazu führt, dass ich mich über die Entdeckung von nicht ganzzahligen Takten jenseits des ¾ Takts diebisch freue. Nicht dass das was total Exotisches wäre. Lieder, die auf „krummen Takten“ basieren oder diese verwenden, kennt jeder: Solsbury Hill von Peter Gabriel, das Titellied von Mission Imposible und Take Five von Dave Brukeck sind Klassiker und auch die Beatles (Here Comes The Sun), die Stranglers (Golden Brown) und Queen (Innuendo) verwenden diese.

Ich muss zugeben, dass das ein etwas nerdiges Thema ist, Musiktheorie. Damit ist man nur in sehr beschränkten Kreisen unterhaltungsfähig, aber dass ist nun mal so. Immerhin habe ich über die Liebe zu kompliziert komponierter Musik viele Leute kennengelernt, mit denen ich damals wie heute sehr gerne Zeit verbringe. Und weil ich seit damals ein leidenschaftlicher Luftschlagzeugspieler bin, freue ich mich auch wie Bolle auf meine erste Schlagzeugstunde.

Hinzu kommt, und dass ist in der Story of my life ja nun mal auch Thema, zündet bei mir bei den Anfangstönen von „The Musical Box“, des ersten Liedes von der Nursery Cryme, direkt die Erinnerung an das Cafe Central in Coesfeld, genauso wie bei den Worten „Schülerfrühstück“ und „Freistunde“. Wenn es einen Ort in der Oberstufe gab, wo man als „default option“ in Coesfeld in Unterrichtspausen oder sonstiger Freizeit aufschlug, dann hier, und genau hier saß ich auch und frühstückte romantisch und durfte dabei dieser Musik lauschen. Die Nemesis ging und Genesis blieb.

Genesis – The Musical Box