Story of my life #34

„Mein Gott ist der Junge groß geworden!“

Mein (Kinder-)Zimmer in unserem Haus in Billerbeck hatte schon mehrfach gewechselt. Nach der langen Zeit des gemeinsamen Kinderzimmers und großen Spielzimmers mit dem Brüderlein zog ich mit etwa 12 Jahren um in mein eigenes Zimmer, das ich zunächst mit Pet Shop Boys Bravo-Postern tapezierte bis ich mir dann eine Queen-Flagge bei einem Postversand (es muss das Disc Center gewesen sein …) bestellte und dies an die Schräge des wirklich winzigen Kabuffs pinnte. Hier wohnte ich ein paar Jahre auf etwa 8 m² bis ich dann in das ehemals gemeinsame Spielzimmer zog, das eben diesem Zweck nicht mehr erfüllte. Hier gesellte sich zu Queen Flagge noch das italienische Filmposter von Alien (Untertitel: Nello spazio, nessuno può sentirti urlare) und, man halte sich fest, ein Tabaluga Poster, dass ich wegen des Spruchs „Der Himmel wird doch erst schön durch ein paar Wolken!“ hängen ließ, sowie, weil mein Onkel darauf zu sehen war, ein Werbeposter von der Live Tournée „Im Herzen Jung“ von Ernst Moschs Original Egerländer Musikanten, dass ich im Dicktus eines Abends in Münster von einer Wand gemopst hatte. (Mann o Mann! Ich bin ein Freak….)

Am Ende der Schulzeit stand dann der erste Schritt Richtung wirklichem erwachsen werden (wird man das je?) an. Die Entscheidung, zur Jugendburg Gemen zu ziehen und dort meinen Zivildienst zu absolvieren, war schon länger gefallen und ich freute mich darauf, von zu Hause auszuziehen. Nicht, dass ich zu Hause nicht tun und lassen konnte, was ich wollte. Das war gar nicht so sehr der Antrieb. Es war eher die Erwartung, dass die große weite Welt da draußen auf mich großen Jungen wartete und die Träumerei über das „selbstständig sein“.
Borken / Billerbeck ist allerdings keine Weltreise, aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln war es insgesamt weit über eine Stunde Distanz, die dann zwischen mir und meinem Kinderzimmer und den interessierten Augen der Eltern liegen sollte. Andererseits war die Entfernung nicht zu groß, um nicht die Wäsche zu Hause abliefern zu können. So viel zur „großen weiten Welt“ und zum „selbständig sein“.

Bis zum Umzug nach Borken war nach der Heimkehr aus Europa aber noch etwas Freizeit, in der ich zunächst einen kleinen chirurgischen Eingriff machen ließ (nix wildes, aber was keine Miete zahlt, fliegt raus) und dann eine Woche Schonzeit hatte. Einige Freunde hatten aber bereits ihren Dienst angetreten und bewohnten zum Beispiel ein Wohnheim des Coesfelder Krankenhauses oder des Klosters Gerleve. Ins Besondere die „Boys“ (ich wundere mich noch immer, warum sie sich auch selbst so nannten…) fanden sich hier ein und wir feierten oder chillten in den kleinen 1 Zimmer Apartments zu betörenden Walgesängen oder zu einer Musik, die im Jahr 1995 dermaßen außer Mode war, dass wir sie als ultracool empfanden. Auch auf unserer Abi-Nachfeier in Holthausen war sie dabei. Das selbstbenannte Debütalbum „Trio“ mit der Großenknetener Adresse auf dem Cover sangen wir be…. (seelt) und inbrünstig andauernd mit.

In der neuen deutschen Welle Anfang der 80er waren Trio die ersten mit großem Erfolg. In erster Linie ist das natürlich „DA Da Da“ zu verdanken, den Song haben wir aber meist übersprungen. Songs wie „Broken Hearts for You and Me“, „Los Paul“, „Energie” und eigentlich alle anderen auch hatten zwar was minimalistisch Kryptisches, aber passten trotzdem. Die Truppe, die sich diesem Werk in dieser Zeit so ausgiebig hingab war ziemlich bunt gemischt, was den musikalischen Geschmack anbetraf, aber das man den gemeinsamen Nenner neben der Art zu feiern auch in „Trio“ fand, zeugt von der Großartigkeit dieses auf den ersten Blick albernen Stücks Musikgeschichte.
Weil ein jeder ihn mal hat, und ich mich da explizit nicht ausnehmen kann, muss als Beispielsong „Kummer“ herhalten. Die Gedanken drehen sich doch recht schnell um ihn und machen ihn dann zum beherrschenden Zustand. Wenn aber die Glocken anfangen zu läuten und das „Herzl“ betrauert wird, mach es die Interpretation des „Trios“ irgendwie erträglicher… Bitte voll aufdrehen!

Trio – Kummer